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Online-Abschlusstagung des DFG-Graduiertenkollegs 1681/2 "Privatheit und Digitalisierung"
Die Abschlusstagung des DFG-Graduiertenkollegs "Privatheit und Digitalisierung" zieht Bilanz nach neun Jahren Privatheitsforschung in Passau und wartet dabei mit einer hochkarätigen Besetzung auf. So freuen wir uns u.a. auf unsere Keynote-Speakerinnen Stephanie Schiedermair und Beate Rössler. Wir nehmen in sechs Panels Fragen nach Überwachung und Selbstbestimmtheit in digitalen Medien in den Blick, untersuchen historische Wandlungsprozesse von Privatheit und Öffentlichkeit und behandeln auch aktuelle Fragen wie die nach Privatheit in Zeiten der Pandemie. Aus interdisziplinärer Perspektive diskutieren wir dabei mediale, kulturelle, soziale, juristische und philosophische Aspekte.
Das Programm:
Donnerstag, 18. Februar 2021
Eröffnung (09:00 Uhr)
Grußworte des Präsidenten
Kai von Lewinski (Passau) – Eröffnung
Panel 1: Privatheit: Begriffe, Entwicklungen, Ideologien (9.30–11.00 Uhr)
Birgitt Riegraf (Paderborn) – Neudefinition des Privaten in Zeiten der Digitalisierung
Julia Maria Mönig (Stuttgart) – From Privacy to (Value) Ethics
Kai von Lewinski (Passau) – Die Borkenstruktur des Datenschutzes am Baum der Privatheit im Wald der Datenmacht
Panel 2: Räume des Privaten (11.30–13.00 Uhr)
Sabine Pollak (Linz) – DAS FENSTER IST OFFEN, DIE TÜRE ZU. Inversionen des Privaten
Rolf Schwartmann (Köln) – Pluralismussicherung im Zeitalter der Medienintermediäre
Kai Erik Trost (Stuttgart) – Person(en) sein können - die heutige Privatheit aus einer sozialräumlichen Perspektive
Panel 3: Medien des Privaten (14.15–15.45 Uhr)
Ralf Müller-Terpitz (Mannheim) – Mediale Öffentlichkeit v. Schutz der Privatheit – Juristische Grenzverschiebungen durch die Digitalisierung?
Tobias Keber (Stuttgart) – Datenschutz und Mediensystem - Uploadfilter und Altersverifikation aus intradisziplinärer Perspektive
Petra Grimm (Stuttgart) – Privatheit in Zeiten der Pandemie
Keynote (16.15–17.45 Uhr)
Stephanie Schiedermair (Leipzig) – Das Recht auf Vergessen
Freitag, 19. Februar 2021
Panel 4: Kulturen des Privaten (9.00–10.30 Uhr)
Alexander Krafka (Passau) – Einigkeit und Recht und Sicherheit. Das Sicherheitsdispositiv als aktuelles Paradigma der Privatheitskultur
Paula Helm (Tübingen) – Digital Erschöpfung, Online-Manipulation und Co-Addictive Design. Zum Problem der Verantwortung
Innokentij Kreknin (Dortmund) – Wahrsprechen: Literatur als Parrhesie und Selbstpraxis
Panel 5: Selbstbestimmung und Verantwortung (11.00–12.30 Uhr)
Tobias Matzner (Paderborn) – Selbstbestimmung und mehr: die vielen ‚Aufgaben‘ des Privaten
Barbara Sandfuchs (München) – Datenschutz als Grundvoraussetzung für die Demokratie
Marion Albers (Hamburg) – tba
Panel 6: Digitalität, Überwachung und Privatheit (14.00–16.00 Uhr)
Carsten Ochs (Kassel) – Von der Ehre zur Unschärfe: Die Transformation informationeller Privatheit vom 18. Jahrhundert bis heute
Martin Hennig (Passau) – Kulturen der Überwachung
Gerrit Hornung (Kassel) – Rechtliche Grenzen der staatlichen Analyse von Social Media-Massendaten
Keynote (16.30–18.00 Uhr)
Beate Rössler (Amsterdam) –Was bedeutet es, in der digitalen Gesellschaft zu leben? Zur digitalen Transformation des Menschen

Vergangene Veranstaltungen
Digitalität und Macht

Häufig wird die Digitalisierung als ein Prozess beschrieben, der weltweit einen fundamentalen gesellschaftlichen Wandel herbeiführt. Allein schon durch diese elementare Rolle im Zeitgeschehen der Gegenwart ist der digitale Wandel auf vielfältige Weise mit dem Themenfeld „Macht“ verknüpft. Umso erstaunlicher ist daher, dass dieses auch in der (sozial-)wissenschaftlichen Darstellung des Internets häufig keine Erwähnung findet. Wie also gestaltet sich das Verhältnis von Digitalität und Macht?
In welcher Weise machen sich etwa Staaten neue Technologien zur Überwachung der Menschen zunutze? Erfolgt Regierung zukünftig nicht mehr durch Staaten, sondern durch globale Internetkonzerne? Werden durch den digitalen Wandel bestehende soziale Ungleichheiten aufgelöst, bleiben sie bestehen oder entstehen neue Hierarchiegefälle? Sind Daten die Währung der Zukunft? Vor dem Hintergrund dieser Fragen veranstaltet das Graduiertenkolleg Privatheit und Digitalisierung einen Doppelvortrag zu dem Thema „Digitalität und Macht“. Prof. Dr. Kai von Lewinski gibt Einblicke in sein aktuelles Forschungsprojekt. Hier untersucht er Datenräume als Machtressource: Durch die Abbildung einer Datenstruktur werden Vorgaben geschaffen, die ein bestimmtes Abbild sozialer Wirklichkeit generieren. Michael Seemann beschreibt den Wandel hin zu einer neuen Ökonomie, die er als digitalen Kapitalismus bezeichnet.
Prof. Dr. Kai von Lewinski hat den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Medien- und Informationsrecht der Universität Passau inne und ist Sprecher des DFG-Graduiertenkollegs „Privatheit und Digitalisierung“. Er hat in Freiburg promoviert und sich an der Humboldt-Universität Berlin mit einer Arbeit zur rechtlichen Bewältigung finanzieller Krisen der öffentlichen Hand habilitiert. Seine Forschungsgebiete umfassen Medienrecht, Datenschutzrecht, Informationskollisionsrecht, Statistikrecht sowie Berufsrecht für Anwälte und Steuerberater. Er ist Verfasser des Buches „Die Matrix des Datenschutzes“ und von Lehrbüchern zu Medienrecht, Datenschutzrecht und zum Anwaltlichen Berufsrecht.
Michael Seemann studierte Angewandte Kulturwissenschaft in Lüneburg. Seit 2005 ist er mit verschiedenen Projekten im Internet aktiv. Anfang 2010 begann er das Blog CTRL-Verlust zuerst bei der FAZ, seit September auf eigene Faust, in dem er über den Verlust der Kontrolle über die Daten im Internet schreibt. Seine Thesen hat er im Oktober 2014 auch als Buch veröffentlicht: „Das Neue Spiel. Strategien für die Welt nach dem digitalen Kontrollverlust“. Zusammen mit dem Podcast-Label Viertausendhertz produziert er „Planet B – Ideen für den Neuanfang“. Normal bloggt er unter mspr0.de, podcastet unter wir.muessenreden.de und schreibt unregelmäßig für verschiedene Medien wie RollingStone, ZEIT Online, SPEX, SPIEGEL Online, c’t und das DU Magazin. Er unterrichtet verschiedene Seminare an der Universität zu Köln und der Universität der Künste in Berlin. 2016 war er als Sachverständiger zum Thema Plattformregulierung im Bundestag. Er hält Vorträge zu den Themen Whistleblowing, Datenschutz, Urheberrecht, Internetkultur, Plattformen und die Krise der Institutionen in Zeiten des digitalen Kontrollverlusts. Seit 2017 ist er im Aufsichtsrat des Grimme Forschungskollegs. 2018 gründete er mit Gleichgesinnten zusammen das Otherwise Network, in dessen Vorstand er seitdem tätig ist.
Die Vorträge finden am 07.10.2020 von 18.15 – 19.45 Uhr in digitaler Form via Zoom statt. Wir bitten um Anmeldung unter privatheit@uni-passau.de bis zum 06.10.2020. Sie erhalten dann per Email den Link zur Veranstaltung.
"Privatheit & informationelle Selbstbestimmung von Kindern im digitalen Kontext"

Kinder und Jugendliche geben ständig Daten und persönliche Informationen über sich preis, ob bewusst oder unbewusst, ob freiwillig oder nicht: bei einem Neugeborenen wird ein genetisches Screening durchgeführt, ein Vierjähriger spielt mit „smartem“ Spielzeug, eine Achtjährige hat Playlisten auf Youtube, ein Zehnjähriger benutzt Soziale Netzwerke, eine Zwölfjährige schreibt Tagebuch und eine Vierzehnjährige geht wegen Essstörungen in eine Klinik. Haben Kinder und Jugendliche dabei ein Recht auf Privatheit? Und wenn ja, gegenüber wem? Der Staat will Kinder schützen und erziehen. Eltern möchten wissen, was ihre Kinder machen. Dazu können Eltern auch auf technische Kontrollmöglichkeiten zurückgreifen. Ist ein Mikrosender unter der Haut eines Kindes nicht der beste Schutz gegen Entführungen? Im Vortrag soll es erstens darum gehen, ob sich die in der Rechtstheorie und Philosophie verbreiteten Konzeptionen von Privatheit bzw. informationeller Selbstbestimmung überhaupt auf Kinder anwenden lassen; zweitens soll es darum gehen, ob und wie sich eventuelle Rechte von Kindern auf Privatheit bzw. informationelle Selbstbestimmung rechtfertigen lassen und welche Beschränkungen dieser Rechte gerechtfertigt sein könnten.
Dr. phil. Christoph Schickhardt hat mit seinem Buch zu „Kinderethik. Der Moralische Status und die Rechte der Kinder“ (2. Auflage 2016, Mentis) und zahlreichen weiteren Publikationen einen bedeutsamen Beitrag zur Etablierung der Kinderethik im deutschsprachigen Raum geleistet. Zugleich arbeitet er seit Jahren in der Ethik der Medizin und biomedizinischen Forschung zu Fragestellungen rund um den Umgang mit Daten und informationelle Selbstbestimmung in den Bereichen Genomik, Big Data und Digitalisierung in der Biomedizin. Christoph Schickhardt ist Senior Scientist am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg und leitet mehrere wissenschaftliche Projekte. Er hat bei Prof. Dieter Birnbacher an der Universität Düsseldorf promoviert und zuvor in Pavia und Lausanne Philosophie studiert. Er hatte Lehraufträge an mehreren deutschen Universitäten und lehrt aktuell an der Universität Heidelberg.
Tagungsimpressionen

Verantwortung in digitalen Kulturen – Privatheit im Geflecht von Medien, Recht und Gesellschaft
Von 09.-11. Mai 2019 fand die diesjährige Tagung des DFG-Graduiertenkollegs „Privatheit und Digitalisierung“ mit dem Titel „Verantwortung in digitalen Kulturen – Privatheit im Geflecht von Medien, Recht und Gesellschaft“ in Passau statt.
Da Fragestellungen zur „Privatheit und Digitalisierung“ gesellschaftlich zunehmend bedeutsam geworden sind, erlebe auch die noch junge wissenschaftliche Disziplin der Privatheitsforschung in den letzten Jahren eine regelrechte Blütezeit, sagte Prof. Dr. Kai von Lewinski, aktueller Sprecher des Graduiertenkollegs, zur Eröffnung der Tagung. Das zeigte sich auch in der Themenvielfalt der interdisziplinären Tagung: In insgesamt fünf Panels widmeten sich 15 Referentinnen und Referenten in ihren Vorträgen den Großthemen „Autonomie und Verantwortung in medialen Dispositiven“, „Staatliche und unternehmerische Verantwortung“, „Privatheit und Transparenz als ‚Normen‘“, „Privatheit vs. Selbstverantwortung: gesellschaftliche Wertekonflikte“ und „Anonymität, Freiheit und Verantwortung in digitalen Öffentlichkeiten“ aus verschiedenen Perspektiven wie der Philosophie, den Sozial-, Kultur-, und Rechtswissenschaften.
Als Vortragende aus den Reihen der Kollegiatinnen und Kollegiaten des Kollegs stellten die Philosophin Lea Watzinger sowie die Rechtswissenschaftler Elizaveta Saponchik und Hermann Jakobi den rund 50 Konferenzteilnehmenden Aspekte ihrer Promotionsvorhaben vor.
In Kürze finden Sie an dieser Stelle einen ausführlichen Tagungsbericht. Der Sammelband mit allen Beiträgen der Tagung erscheint voraussichtlich 2020.